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Sie sind hier: Startseite Zeitschrift Ausgaben 308-Literatur in der Türkei Stephan Grigat/ Simone Dinah Hartmann (Hg.): Der Iran

Stephan Grigat/ Simone Dinah Hartmann (Hg.): Der Iran

Analyse einer islamischen Diktatur und ihrer europäischen Förderer. Studienverlag, Innsbruck 2008. 292 Seiten, 29,90 Euro.

Rezension: Gegen Iran, für Israel

Politische Bücher, die gar nicht erst den Eindruck erwecken, ausgewogen sein zu wollen, sondern offen Partei ergreifen, gehören oft zu den lesenswerten. Man kann ihnen aus vollem Herzen zustimmen oder sich schrecklich ärgern, man kann nach ergänzenden oder nach widerstreitenden Argumenten suchen - nur gleichgültig lassen sie einen nicht. So ist es auch beim Sammelband Der Iran, der sich in kaum zu überbietender Deutlichkeit gegen das dortige Regime positioniert. Anliegen der HerausgeberInnen Stephan Grigat und Simone Dinah Hartmann ist der "Einspruch gegen die Indifferenz, mit der große Teile der europäischen Öffentlichkeit dem Terror gegen die iranische Bevölkerung und der Vernichtungsdrohung gegen Israel seitens der Teheraner Mullahs begegnen". Sie möchten nicht mehr im "untätigen Akademismus verharren", sondern einen "aktivistischen Schub" gegen das Regime und seine Förderer auslösen.

Insbesondere das iranische Atomprogramm ruft die Besorgnis der AutorInnen hervor. Denn einem Regime, in dem die Auslöschung Israels nicht erst unter dem derzeitigen Präsidenten Ahmadinejad, sondern schon seit Khomeinis islamischer "Revolution" von 1979 Staatsräson ist, trauen sie das Schlimmste zu. "Aus der Erfahrung mit dem Nationalsozialismus sollte man begriffen haben, dass Judenmörder die Ankündigung ihrer Verbrechen, so irrsinnig und selbstmörderisch sie auch erscheinen mögen, ernst meinen", bringt Grigat seine Einschätzung auf den Punkt. Die Vergleiche und Analogien mit dem NS ziehen sich durch das gesamte Buch. Der israelische Historiker Benny Morris - früher als Kritiker der Regierungspolitik seines Landes bekannt - befürchtet einen "zweiten Holocaust" durch iranische Atomraketen. Und der im Exil lebende iranische Oppositionelle Kazem Moussavi kritisiert die europäische Politik gegenüber dem "religiös-faschistischem System" im Iran als "Appeasement".

Die meisten Beiträge in dem Sammelband tragen erschreckende Fakten zusammen. Etwa über die Strukturen des politischen Islam im Iran, über die lang zurückreichenden Ambitionen, eine eigene Atombombe zu bauen, über den praktizierten Hass gegen Frauen und Homosexuelle sowie über den fatalen iranischen Einfluss im Irak und im Libanon. Nicht minder empörend ist das Verhalten europäischer Unternehmen und Regierungen, die es sich mit einem wichtigen Geschäftspartner nicht verderben wollen und wie der österreichische Konzern OMV Milliardendeals einfädeln. Auch die in dem Buch zusammengetragenen iranfreundlichen Auslassungen österreichischer, deutscher und lateinamerikanischer Linker rufen Kopfschütteln hervor.

Doch machen es sich einige AutorInnen bei aller legitimen Parteilichkeit zu leicht. Wenn etwa der Bericht aller 16 US-amerikanischer Geheimdienste (National Intelligence Estimate) vom Dezember 2007 zum Schluss kommt, das Teheraner Nuklearprogramm sei derzeit auf Eis gelegt, dann wird dies als "politische Einschätzung" abgekanzelt, die eine "geschlossene politische Front" gegenüber dem Iran verhindere. Hier würde man sich eine kritische Diskussion des Berichts wünschen, keinen Versuch, die LeserInnen auf Linie zu bringen. Mehr als fragwürdig ist auch die vereinzelt anzutreffende Apologetik des "War on Terror", als sei dieser eine Art Antifa-Veranstaltung und weise nicht höchst kritikwürdige konkrete Verlaufsformen auf. Ausgeblendet wird zudem im gesamten Buch, dass der weitgehend gescheiterte, militärisch aufoktroyierte "Regime Change" im Irak und in Afghanistan kein Modell für den Iran sein kann. So erleichtern es Grigat und Hartmann ihren politischen GegnerInnen unnötigerweise, ihre Position als "kriegstreiberisch" abzutun.

Christian Stock

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