Sonja Wölte: International - national - lokal, FrauenMenschenrechte und Frauenbewegung in Kenia
Frauenrechte in Kenia
Frauenrechte stehen hoch im Kurs, nicht nur in der Gender-Forschung, sondern auch bei der Entwicklungszusammenarbeit. Heute finanzieren viele Entwicklungsorganisationen die Arbeit von Frauenorganisationen, die unter schwierigsten Bedingungen Rechtsreformen konzipieren und deren Umsetzung verlangen. Dem ging ein langwieriger und steiniger Prozess der globalen frauenpolitischen Einflussnahme voraus. Ein früher Schauplatz der Auseinandersetzungen war Kenia, wo 1985 die Abschlusskonferenz der Weltfrauendekade stattfand. Diese bot wichtige Impulse zur Gründung nationaler Frauen-Rechtsorganisationen und länderübergreifender Netzwerke.
Sonja Wölte dokumentiert, wie sich kenianische Frauenorganisationen in ihrer rechtspolitischen Lobbyarbeit systematisch auf die Abschlussdokumente dieser internationalen Konferenzen beziehen und deren Einhaltung anmahnen. Ihre Studie basiert auf zahlreichen Interviews mit Rechtsexpertinnen und Vertreterinnen von Frauenrechtsorganisationen. Deren Ansätze und Positionen ordnet die Frankfurter Politikwissenschaftlerin in übergeordnete Kontexte ein: Sowohl in die politische Geschichte Kenias als auch in die Erforschung von Frauenbewegungen. Dadurch erhält die Studie analytische Tiefenschärfe.
Trotz der vielen Betrachtungsebenen gelingt es der Autorin, die Komplexität ihres Themas in einem gut lesbaren Stil zu erklären. Anschaulich führt sie aus, wie die kenianischen Rechtsexpertinnen Gesetzesnovellen erarbeiten und wie sie mit dem massiven Widerstand männlicher Parlamentarier und Politiker umgehen. Immer wieder scheiterten ihre Bemühungen, Rechtsreformen zu verwirklichen. Dafür war insbesondere die frauenfeindliche Haltung des repressiven Moi-Regimes verantwortlich.
Allerdings wurden die Einflussmöglichkeiten auch unter Kibaki nur partiell erweitert. Immerhin verabschiedete das Parlament im April 2006 eine Reform des Sexualstrafrechts. Jahrelang hatten Frauenrechtsorganisationen darauf hingewirkt. Nun ist es die Aufgabe von Staat und zivilgesellschaftlichen Gruppen, diese Novelle in der Rechtspraxis umzusetzen. Denn sexualisierte Gewalt ist ein Grund für die rasant steigenden HIV-Infektionen. Umso wichtiger ist es, die Täter strafrechtlich für ihre Übergriffe zur Verantwortung zu ziehen. Wölte illustriert eindrücklich, vor welchen Herausforderungen die Frauenorganisationen weiterhin stehen. Nach den Gewaltakten in Folge der gefälschten Wahlen Ende 2007 ist die Dringlichkeit des Problems abermals gestiegen.
Rita Schäfer