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Editorial

»Der König ist tot, es lebe der König!« pflegte in Frankreich bis ins 19. Jahrhundert der Herold auszurufen, nachdem der alte Regent gestorben und bevor der neue den Thron bestiegen hatte. Die Verkündigung der Nachricht war weit mehr als eine bloße Meldung an das Volk über das Ableben ihres Staatsobersten, sie war ein Ausdruck von Kontinuität, eine Bestätigung der bestehenden Ordnung und ein Beweis der Macht. Ein Atemzug nur zwischen altem und neuem König, keine Zeit ohne Regierung, kein Machtvakuum.

 

Die Zeiten haben sich in mehrfacher Hinsicht geändert. Zum einen gibt es kaum noch Könige und Königinnen von Gottes Gnaden, und wenn doch, haben sie meist rein repräsentative Bedeutung. Zwar kommen zwanzigtausend Menschen nach Windsor, um den Geburtstag von Königin Elizabeth II. zu feiern, und Millionen fiebern an den Fernsehern mit den europäischen Königinnen und Königen, wenn sie heiraten, Kinder kriegen oder Unfälle bauen. Doch Macht haben die Männer und Frauen in den alten Schlössern schon lange nicht mehr, eher Geldprobleme.

 

Zum anderen haben es die letzten verbliebenen Alleinherrscher – und auch die, die das gerne wären – einen momentan sehr schweren Stand. Glimpflich davongekommen ist bislang Mswati III., Schwarzafrikas letzter absoluter Monarch. Der König des verarmten Swasilands, der sich zu seinem Geburtstag gerade wieder für rund 1,3 Millionen Euro eine pompöse Party mit zehntausend Gästen gegönnt hat, sitzt trotz wachsender Kritik noch fest auf seinem Thron. Einer seiner letzten Kollegen wird dagegen gerade in Nepal aus dem Amt gejagt: Gyanendra Bir Bikram Shah Dev. Ob er noch König ist, wenn diese Ausgabe der iz3w erschienen sein wird, ist fraglich. Nach anhaltenden Protesten ‚seines’ Volkes musste der Monarch zumindest schon einmal die ersten demokratischen Reformen zulassen. Das Parlament beschloss die Wahl zu einer verfassunggebenden Versammlung, die ein neues Grundgesetz für Nepal erarbeiten soll. Der neu gewählte Regierungschef Girija Prasad Koirala bot den in Nepal sehr stark gewordenen Maoisten Friedensgespräche an, Rebellen und Parlament vereinbarten einen Waffenstillstand.

 

 

Auch der thailändische Regierungschef Thaksin Shinawatra ist nach wochenlangen Massenprotesten gegen seine autokratische Herrschaft zurückgetreten. Der Telekommunikationsunternehmer und Milliardär, der in den von ihm nicht kontrollierten Medien »Asiens Berlusconi« genannt wird, hatte zunächst den Sieg bei der jüngsten Wahl für sich beansprucht und einen Rücktritt abgelehnt. Ironie des Herrscherschicksals: Thaksin soll erst nach einer Audienz bei König Bhumibol Adulyadej seine Meinung geändert haben und zurückgetreten sein. Der König ist in Thailand sehr beliebt, und wenn er sich, was er selten tut, bei politischen Fragen zu Wort meldet, dann kommt keiner daran vorbei.

 

Ob auch Silvio Berlusconi erst nach einer Audienz beim Papst (der als Kleriker leider kein Auslaufmodell ist, ganz im Gegenteil) ein Einsehen hatte und drei Wochen nach den verlorenen Parlamentswahlen in Italien seine Niederlage einräumte, ist bislang nicht überliefert. Vergleichbar mit dem Herrschaftsstil der Könige und Königinnen früherer Zeiten war seine Regierungszeit allemal. Wie Shinawatra Unternehmer und Milliardär, hat Berlusconi durch Medienmacht, Intrigen und Geld alles daran gesetzt, seine Macht zu behalten. Doch da heute der Kunde König ist, entscheidet der sich manchmal für ein neues Modell. Auch wenn es sich nicht immer allzu sehr vom vorherigen unterscheidet.

die redaktion

293 | Die Inflation der (Un-)Sicherheit
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