Rolf Uesseler: Krieg als Dienstleistung
Rezension: Private Gewaltunternehmen
Von Papua-Neuguinea über Sierra Leone bis zum Irak ist seit Ende des Ost-West-Konfliktes eine Wiederkehr privater SöldnerInnen zu beobachten, die als private "Sicherheitsunternehmen" unter den unterschiedlichsten Namen auftreten. Weltweit sind mehr als 1,5 Millionen Angestellte für diese Sicherheitsfirmen tätig. Im Irak stellen sie gemeinsam nach den US-Truppen das zweitstärkste Truppenkontingent. So unterschiedlich diese Firmen im Detail agieren, ist ihnen doch eines gemeinsam: Die Auslagerung von staatlichen Kernaufgaben, die das Gewaltmonopol betreffen, führt dazu, dass die politische Verantwortlichkeit für militärisches Handeln verloren geht. Die privaten Gewaltunternehmer lassen sich noch weniger in ihre Karten schauen als staatliche Militärs.
Der Ökonom, Psychologe und Publizist Rolf Uesseler hat in seinem Buch Krieg als Dienstleistung diese Entstaatlichung des Krieges untersucht und ihre Gefahren unter die Lupe genommen. Dabei beschreibt er nicht nur die Geschäftspraktiken der unterschiedlichen Firmen von Aegis Defence Services über DynCorp bis zur deutschen EUBSA, sondern untersucht auch die Aushöhlung staatlicher Verantwortung und öffentlicher Kontrolle militärischer Gewalt durch diese Privatisierung von Gewalt. Uesseler vermeidet dabei die Diabolisierung der einzelnen SöldnerInnen, sondern schildert die Prozesse der Gewaltprivatisierung vielmehr als ökonomische Entwicklungen, für die es politische Verantwortlichkeiten gibt. So schildert er etwa den Werdegang des britischen Gewaltunternehmers Tim Spicer, der die britische Regierung über seine Aktivitäten in Papua-Neuguinea gegen die Aufständischen in Bougainville oder bei einem Putschversuch in Sierra Leone vorab informiert hatte.
Uesseler schildert die veränderten Rahmenbedingungen für militärische Dienstleistungen nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes als Möglichkeiten für die Globalisierung von Gewaltunternehmen, die in den "neuen Kriegen" eine wichtige Rolle spielen. Nicht alle Unternehmungen sind dabei von vornherein so offensichtlich demokratiefeindlich wie militärische Umstürze mit gemietetem Personal oder Einsätze in der Aufstandbekämpfung. Manch neuer Söldner glaubt eine "saubere Weste" zu besitzen, wenn er für Firmen oder gar humanitäre Hilfe "Sicherheit" anbietet. Auch wenn sich in den letzten Jahren die "seriösen" Sicherheitsfirmen im Hintergrund halten und eher als BeraterInnen, denn als SoldatInnen auftreten, gibt es kaum eine Möglichkeit, diese Tätigkeiten zu kontrollieren. So finanziert etwa die US-Regierung eine ganze Reihe privater Sicherheitsfirmen im Irak, den Abgeordneten des Kongresses wurde jedoch der Einblick in die Verträge mit dem Hinweis untersagt, es handle sich um Privatverträge.
Neben einer Fülle an detaillierten Informationen bietet Uesselers Buch vor allem eine grundlegende Kritik an der Unterhöhlung des staatlichen Gewaltmonopols und des internationalen Rechts durch diese Form neoliberaler Auslagerungspolitik.
Thomas Schmidinger