Jungle World
Der Dschungel lebt
Neulich überraschte die Jungle World mit der auf sich selbst bezogenen Schlagzeile "Zehn Jahre sind genug!". Wie bitte, hat der notorische Geldmangel linker Publikationen nun auch die Wochenzeitung aus Berlin in den finalen Ruin getrieben? Ist gar die politische Mission der Jungle World vollendet: gegen Deutschland und seinen linken Mief, für Israel und den kosmopolitischen Hedonismus? Nein, die Redaktion hat wieder mal provoziert, wie sie es so gerne tut, und mit der Headline lediglich den Relaunch aus Anlass des zehnjährigen Geburtstages angekündigt.
In der letzten Dekade hat sich die "Jungle" verdienstvollerweise mit nahezu jeder Fraktion der Linken angelegt: Mit den antiimperialistischen Bush-Hassern ebenso wie mit dessen antideutschen Apologeten, mit den Bewegungsseligen ebenso wie deren Renegaten. Nicht immer hat die Redaktion dabei ein glückliches Händchen bewiesen und auf allzu simple polarisierende Formeln wie etwa das legendäre "Fanta statt Fatwa" gesetzt. Doch hat sie es geschafft, ein ernstzunehmendes Gegengewicht zur poststalinistischen Stromlinienförmigkeit der Tageszeitung junge Welt zu bilden (aus der sie einst als Spaltprodukt hervorgegangen war). Dort werden wirklich kontroverse linke Debatten ausgegrenzt, in der Jungle hingegen mit Hingabe und manchmal auch Messern zwischen den Zähnen ausgetragen. Und das auf insgesamt hohem journalistischen und redaktionellen Niveau, was angesichts der vorhandenen Ressourcen an ein kleines Wunder grenzt.
Über die Notwendigkeit des Relaunchs lässt sich streiten; die einen finden, dass die neue Jungle nun ein bisschen arg wie die Le Monde diplomatique aussieht, die anderen sind froh, dass die erfrischend unorthodoxe Themenwahl und das unkonventionelle Layout modernisiert wurden. Es allen recht zu machen, das wird die Junge World auch in weiteren zehn Jahren nicht fertig bringen.
Schon allein deshalb:
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