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Editorial

Kaderschmiede iz3w

300 Ausgaben der iz3w - das bedeutet seit 1970 wöchentliche Redaktionssitzungen und heiße Debatten in Arbeitsgruppen. Deren Ergebnisse finden sich im Heft und liegen daher offen zutage. Eher verborgen bleibt hingegen, welche Persönlichkeiten und Karrieren hinter der iz3w stecken. Wer die bisherigen Ausgaben durchblättert, stößt auf eine Unmenge von Namen und Namenskürzeln. Viele hunderte Menschen haben einen mehr oder minder großen Teil ihres Lebens beim iz3w zugebracht. Man oder frau konnte sich dort während oder nach dem Studium erste berufliche Fähigkeiten aneignen. Die Medien der "Gegenöffentlichkeit" waren und sind eben auch ein Durchlauferhitzer für Karrieresprünge.

Da stellt sich die Frage, was die vielen Ex-iz3wlerInnen heute so machen. Fangen wir bei den echten AufsteigerInnen an. Durch die Schule des iz3w gingen mehrere Abgeordnete von Landtag, Bundestag und Europaparlament, eine Vorständin der Heinrich-Böll-Stiftung, ein Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes und ein DGB-Pressesprecher. Auch die alte sozialliberale Tante Frankfurter Rundschau bekam durch zwei iz3w-Hauptstadt-KorrespondentInnen neue Impulse.

Der Arbeitsalltag fast aller anderen Ehemaligen verläuft möglicherweise weniger spektakulär, aber nicht weniger anspruchsvoll. Viele sind noch immer in der entwicklungspolitischen Arbeit tätig. In Initiativen und Organisationen wie beispielsweise der Aktion Solidarische Welt, medico international oder Swissaid versuchen sie, Geld für konkrete Projekte locker zu machen, ohne auf Kinderpatenschaften und die dazu gehörigen Kulleraugen zu setzen. Andere haben auf das akademische Feld gesetzt und lassen heute als ProfessorInnen und DozentInnen jüngere Generationen an ihrem im iz3w erworbenem Wissen teilhaben. Nicht wenige akademische Karrieren führten indes zu prekären Ich-AGs und befristeten Projektaufträgen oder zur Hauptbeschäftigung in der Branche Arbeitslosigkeit.

Da die Aktivitäten des iz3w immer mehr umfassten als journalistische Medienarbeit, haben sich einige MitarbeiterInnen professionelle Kenntnisse in Geschäftsführung und Projektmanagement angeeignet. Sie verdienen heute als BilanzbuchhalterInnen ihre Brötchen oder organisieren den dritten kommunalen Arbeitsmarkt mit.

Ein anderes Berufsfeld, das heute große Bedeutung hat, war früher im iz3w wie vieles andere heiß umstritten. Noch Anfang der 1990er Jahre radelten die Damen und Herren Redakteure zum "Schreibmaschineneck" und ließen sich dort ihre Faxe aushändigen. Erst ein Geschenk der genervten Druckerei behob diesen Technologiemangel. Um die Einführung von PCs gab es sogar einen ideologischen Glaubenskampf. Die Geschichten darüber klingen heute wie ein Märchen aus ferner Zeit. Inzwischen sind einige Ehemalige WebdesignerInnen und Verantwortliche in Medienagenturen geworden. Sie stellen sich unter Quark Express kein Schnelldessert oder unter Dreamweaver keine indische Animation zum Träumen vor.

Noch mehr als in den ergriffenen Berufen spiegelt sich die bunte Mischung der iz3w in der politischen Spannbreite der Ehemaligen wider. Von linken SozialdemokratInnen, katholischen Basisbewegten, VertreterInnen von sozialen Bewegungen bis hin zu autonomen und antideutschen Positionen hatten wir alle linken Strömungen mit an Bord. Mit zwei wichtigen Ausnahmen: Die BewundererInnen des realen Sozialismus sammelten sich nicht in Freiburg, sondern in Marburg um das Magazin Antiimperialistisches Informationsbulletin (letzteres klingt heute nur noch schön schaurig). Und zum Glück bekam auch keine K-Gruppe dauerhaft einen Fuß in das kleine Hinterhofhaus in der Kronenstraße, sonst wäre das iz3w schon vor drei Jahrzehnten in existenziellen politischen Krisen untergegangen.

Die politischen Karrieren von iz3wlerInnen verliefen aber durchaus auch mal in überraschenden Wendungen, wie etwa bei jener Ehemaligen, die von der Prokla (damals für "Probleme des Klassenkampfs" stehend) über die iz3w hin zur Anthroposophie fand. Einen Horst Mahler (JU, 68er, RAF und heute NPD) haben wir aber zu unserer Erleichterung nicht entdeckt. Sonst müssten wir doch stark an der Auswirkung von politischem Engagement im iz3w zweifeln.

die redaktion

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