Mongo Beti: Sonne Liebe Tod
Rezension: Demokratie fällt nicht vom Himmel
Unschwer lässt sich hinter dem fiktiven afrikanischen Land, in dem Mongo Beti seinen Kriminalroman Sonne Liebe Tod ansiedelt, Kamerun ausmachen. Es ist das Heimatland des Schriftstellers, das er 1994 nach 42 Jahren im französischen Exil erstmals wieder betrat und wo er eine Buchhandlung führte, die gleichzeitig auch ein Treffpunkt für Oppositionelle war. Die "Helden" des Romans sind Zam, Journalist einer oppositionellen Zeitung, dem zunächst seine Sammlung Jazz-Platten gestohlen wird und in dessen Wohnung plötzlich ein unbekannter Toter liegt, sowie sein Freund Eddie, der ohne jedes Diplom den Anwaltsberuf ausübt.
Der Plot: Ein bekannter Priester wird ermordet aufgefunden, doch die Polizei führt grundsätzlich keine Ermittlungen durch, um nicht auf die Spur irgendeines Mächtigen zu geraten. Sie ist im Übrigen vollauf damit beschäftigt, sich durch tägliche Straßensperren ihren eigenen Lohn zu erwirtschaften. Somit begeben sich die beiden Freunde selbst auf die Suche nach der Wahrheit hinter den dubiosen Ereignissen. Diese Suche führt immer tiefer in einen Sumpf von Korruption und Wahlbetrug, Kinderprostitution und geheimen Geschäften der Mächtigen und ihrer französischen Geschäftspartner. Natürlich geraten die beiden dabei in große Gefahr...
In einer ungemein farbigen Sprache schildert Mongo Beti in seinem Roman das tägliche Anrennen der beiden eigentlich Ohnmächtigen gegen Verhältnisse, die, so Beti, "noch viel extremer" seien als von ihm beschrieben. Er kritisiert dabei die Gesellschaft mit ätzendem Zynismus, ohne dass seine eigene tiefe Verbundenheit mit diesem Land dabei verloren geht. "Kamerun ist kein demokratischer Rechtstaat, sondern eine Diktatur, die zudem von Frankreich kontrolliert wird", sagte Beti über sein Land, und erklärt das am Beispiel des kamerunischen Regenwaldes. Dieser ist seit der Kolonialzeit in Besitz der Familie Chirac. Als im Januar 2001 ein französisch-afrikanisches Gipfeltreffen stattfinden sollte, machte Chirac seine Teilnahme davon abhängig, dass ein Gesetz zurückgezogen wird, das die Weiterverarbeitung der Tropenhölzer nur noch in Kamerun selbst gestatten wollte. Mongo Beti hing daraufhin ein Transparent an seinen Buchladen, das gerade mal fünf Minuten hing. Das zweite Transparent beschlagnahmte die Polizei schon, während er es aufhängte. Zur dritten Wiederholung lud er die Presse ein, doch kein Journalist erschien zum vereinbarten Zeitpunkt.
Sein Romanheld Zam ist mithin eine literarische Wunschfigur - ein Journalist, der gegen die Abholzung der Wälder anschreibt, deswegen in Schwierigkeiten gerät und trotz allem Chaos dank seiner Freunde den Kopf oben behält. Doch weil dort, wo Unglück und Leid einfach kein Ende nehmen, das Leben stets ein Desaster bleibt, bietet das Buch kein Happy-End. Manchmal harte Kost, ist Betis Roman dennoch ein Leseereignis. Dies liegt nicht nur an seinem "lässig beschwingten Erzählrhythmus", den der figaro littéraire rühmte. Viel eher noch an der Art und Weise, wie seine Protagonisten in einem eigentlich hoffnungslosen Alltag Würde und Hoffnung bewahren.
Christoph Seidler