Helon Habila: Öl auf Wasser
An der Front des Ölkriegs
Helon Habila beschreibt in seinem neuen Roman Öl auf Wasser ein durch die Erdölförderung düster gewordenes Nigeria. Zwei Reporter aus Port Harcourt kämpfen sich ihren Weg durch das Labyrinth des verzweigten Nigerdeltas. Das Ökosystem ist durch die Ölförderung völlig zerstört. Leckende Pipelines verschmutzen Wasser und Böden, entziehen Mensch und Tier jegliche Lebensgrundlage und schaffen neue Krankheiten und Seuchen. Gas, das bei der Förderung als lästiges Nebenprodukt anfällt, wird kurzerhand verbrannt, Tag und Nacht, mitten in den Wohngebieten der DeltabewohnerInnen.
Das rücksichtslose Streben der Ölkonzerne nach Profit führt zu scharfen sozialen Konflikten. Diese schildert Habila, indem er seine beiden Protagonisten an die Front des Ölkriegs bringt. Sie geraten sowohl in die Fänge der Umweltrebellen als auch in die des Militärs. Denn es gilt auf die Spur der entführten Frau eines reichen westlichen Ölingenieurs zu kommen, die von den Umweltrebellen entführt und im Delta versteckt wurde. Fünf Millionen Dollar fordern sie und sehen das Lösegeld als ihren legitimen Teil des Kuchens an. Ihnen stets auf den Fersen ist das Militär, das für seine brutale Selbstjustiz bei den DeltabewohnerInnen gefürchtet ist. Wird eine Dorfgemeinschaft beschuldigt, mit den Rebellen unter einer Decke zu stecken, ‚verschwindet’ ihr Chief.
Habila präsentiert das tägliche Leid, das die Ölförderung in Nigeria bei vielen Menschen hervorruft. Hoffnungslosigkeit macht sich dennoch nicht breit, denn der Autor stellt starke Charaktere vor. Da wäre zum Beispiel Rufus, dessen Familie von den Geschäften rund um das Öl zerstört wurde und der sich trotzdem seinen Werdegang von ganz unten bis zum Reporter erkämpft hat.
»Öl auf Wasser« war in diesem Jahr auf vielen Bestsellerlisten vertreten. Das liegt sicherlich an der Authentizität dieser Geschichte, die so oder so ähnlich täglich in Nigeria passieren könnte. Habila gelingt es, seinen westlichen LeserInnen zum Himmel stinkendes Unrecht vor Augen zu führen. Autofahren erscheint nach der Lektüre jedenfalls unbequemer als zuvor.
von Franziska Strasser