Direkt zum Inhalt | Direkt zur Navigation

Benutzerspezifische Werkzeuge
Kontakt Spenden Abo Newsletter
Sie sind hier: Startseite Zeitschrift Ausgaben 388 | Rassismus und Widerstand Emran Feroz: Der längste Krieg. 20 Jahre War on Terror.

Emran Feroz: Der längste Krieg. 20 Jahre War on Terror.

Wake Up Call Afghanistan

Aus dem Buch Der längste Krieg. 20 Jahre War on Terror spricht die Wut. Eine in den einzelnen Kapiteln ausführlich und differenziert begründete Wut. In seinem Buch resümiert der Journalist Emran Feroz die letzten 20 Jahre amerikanischer Präsenz in Afghanistan und ordnet sie in die Geschichte Afghanistans ein. Die Wut bezieht sich neben der Invasion 2001 als solche auch auf die Ignoranz der deutschen und allgemein westlichen Öffentlichkeit gegenüber der Lage in Afghanistan.

Selbst in der kritischen Haltung der westeuropäischen Linken gegenüber der Invasion sind die Fehler der deutschen und der NATO-/US-Politik in Afghanistan nicht so präsent wie nötig, argumentiert Feroz. Er konfrontiert die Leser*innen zudem mit dem Vorwurf, zwar die amerikanischen Fehltritte zu analysieren und zu thematisieren, der Kontinuität von der sowjetischen zur amerikanischen Besatzung jedoch keine Beachtung zu schenken. Im Buch wird diese Kontinuität immer wieder an konkreten Beispielen nachgezeichnet: Die US-Armee nutzte nach 2001 sowjetische Infrastruktur wie militärische Flugplätze, nahm aber auch ehemalige Agent*innen des von den Sowjets aufgebauten Geheimdienstes in den Dienst.

Auch die Frage danach, warum die Taliban wieder erstarken konnten, lässt Feroz nicht unbeantwortet. Sein Vorwurf lautet, dass demokratische Werte für die USA und ihre Verbündeten bei der Suche nach Partnern vor Ort keine Rolle gespielt hätten. Stattdessen dominierte die Strategie, sich mit den lokalen Feinden der eigenen Feinde zu verbünden. Dadurch seien bereits seit der sowjetischen Invasion Afghanistans zahlreiche Warlords und lokale Kräfte finanziert und mit Waffen ausgestattet worden, denen Demokratie fern liege. Diese begingen Menschenrechtsverletzungen und führten innerafghanische Machtkämpfe fort, stets auf Kosten der Zivilbevölkerung.

Feroz argumentiert aus einer österreichisch-afghanischen Perspektive. Immer wieder zeigt er auf, dass die Taliban auch deshalb Aufwind bekamen, weil die westlichen Demokratieversprechen durch Verbrechen an Zivilist*innen konterkariert wurden. Diese wurden oftmals nicht geahndet und in einzelnen Fällen sogar mit einer Beförderung der Verantwortlichen belohnt. Dass diese Entscheidungen der Bevölkerung in Afghanistan bewusst sind und sie das Vertrauen in die ausländischen Kräfte untergraben, lässt die hiesige Rhetorik der ‚Rettung‘ der Demokratie in Afghanistan hohl erscheinen.

Die Vehemenz des Buches droht sich in manchen Passagen selbst zu erschöpfen. So berechtigt die Wut angesichts des Themas ist, die sich wiederholende Empörung nutzt sich ab. Dennoch ist das Buch eine empfehlenswerte Lektüre. Auch nach dem Machtwechsel in Afghanistan ist es entscheidend, ob und wie die deutsche Öffentlichkeit sich über die Vorgänge in Afghanistan informiert.

Clara Taxis

Emran Feroz: Der längste Krieg. 20 Jahre War on Terror. Westend Verlag, Frankfurt 2021. 224 Seiten, 18 Euro.

388 | Rassismus und Widerstand
Cover Vergrößern
iz3w-Abonnement

Ihr habt das Heft in der Hand: abonniert oder verschenkt die iz3w!

Ihr habt das Heft in der Hand / Auswahl Cover

Wir haben einen neuen Webshop! Schaut, ob ihr dort findet, was ihr sucht. Aktuell sind dort alle Ausgaben von der aktuellsten bis 340 verfügbar, auch als direkter PDF Download. Und einiges steht auch online auf unserer neuen Magazin Website.

Unser alter Shop hat ein Problem: Bei der Bestellung eines Downloads muss ein Kundenkonto angelegt werden. Bestellt in dem Fall gerne auch per Telefon 0761 74003 oder als Email info(ät)iz3w.org. Printausgaben können problemlos hier bestellt werden.