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Kristen R. Ghodsee: Why Women Have Better Sex Under Socialism

And Other Arguments For Economic Independence. The Bodley Head, London 2018. 240 Seiten, £8.99. Ab 28.10. auf deutsch bei Suhrkamp.

Wenn er richtig gemacht ist, führt Sozialismus zu ökonomischer Unabhängigkeit, besseren Arbeitsbedingungen, einem ausgewogenerem Arbeits- und Familienleben und ja, sogar zu besserem Sex«. So lautet Kristen R. Ghodsees reißerisch klingende These in Why Women have Better Sex Under Socialism. Die US-amerikanische Ethnologin zeigt, wie sehr materielle Umstände die sexuelle Selbstbestimmung beeinflussen und analysiert das Sexleben von vor allem heterosexuellen Frauen (und einigen Männern).

Besserer Sex im Sozialismus

Dabei demaskiert sie nicht nur die kapitalistische Gesellschaft, indem sie zeigt, wie finanzielle Abhängigkeiten zu spezifischen Geschlechterrollen und einem weniger befriedigenden Sexleben führen. Sie verdeutlicht auch, wie sich die Wende vom Realsozialismus zum Kapitalismus in den osteuropäischen Staaten auf das Sexleben auswirkte.

Ghodsee argumentiert, dass im Kapitalismus Frauen auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert werden. Ihre Arbeit sei weniger wert, etwa weil sie schwanger werden könnten. In heterosexuellen Kleinfamilien bleiben häufig die Frauen zu Hause und verrichten die Care-Arbeit, die nicht bezahlt wird und die Frauen in die Abhängigkeit vom Partner drängt. Als Gegenleistung offerieren sie sich als Sexpartnerin, als Mutter oder als sorgende Frau. Im Sozialismus würde dieses Verhältnis durch staatliche Eingriffe dahin modifiziert, dass Sex nicht mehr als Leistung, sondern als gegenseitiges Begehren gesehen wird.

Ghodsee führt aus, dass gleiche Ausbildungs- und Berufschancen gekoppelt mit einer Frauenquote (wie in Skandinavien) zu gleichen Einkommen führen. Zudem fangen staatliche Programme wie Krankenkassen, Mutterschutz oder Kindergeld viele ökonomische Probleme auf, die nicht mehr in Liebesbeziehungen ausgehandelt werden müssen. Das führt laut Ghodsee zu besseren Lebenssituationen von Frauen. Nicht ohne Grund heißt der Untertitel des Buches: »And Other Arguments For Economic Independence«.

Ihre Argumentation unterfüttert Ghodsee mit vielen Beispielen aus Osteuropa. Dabei verherrlicht sie weder den Realsozialismus mit seinen autoritären Regimen, noch verschweigt sie die schwierigen Lebensbedingungen von Frauen etwa in Rumänien (wo zum Beispiel Schwangerschaftsabbrüche verboten waren).

Subjektive Zufriedenheit ist kaum zu messen. Allerdings nennt Ghodsee Studien, laut denen Frauen in der DDR häufiger einen Orgasmus hatten als Frauen in der BRD. Frauen und Männer waren in der DDR etwa gleich zufrieden mit ihrem Sexleben, wohingegen in der BRD nur halb so viele Frauen wie Männer zufrieden waren.

Ghodsees Überblick reicht bis zur Französischen Revolution zurück. Er richtet sich vor allem an ein US-amerikanisches Publikum mit seinen starken Abneigungen gegen den Sozialismus, um ihm dessen mögliche Vorteile aufzuzeigen. Ghodsee geht dabei vor allem auf staatliche Veränderungen von Geschlechterverhältnissen ein, das Privatleben mit der zwischenmenschlichen Aushandlung von patriarchalen Strukturen bleibt ungenannt. Sie hat nicht den Anspruch, mit dem Sozialismus das Patriarchat abzuschaffen, sondern in einzelnen Bereichen ein gleichberechtigtes Leben zu gestalten.

Annika Lüttner

 

Kristen R. Ghodsee: Why Women Have Better Sex Under Socialism. And Other Arguments For Economic Independence. The Bodley Head, London 2018. 240 Seiten, £8.99. Ab 28.10. auf deutsch bei Suhrkamp.

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