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Mia Couto: Imani

Aus dem Portugiesischen von Karin von Schweder-Schreiner. Unionsverlag, Zürich 2017. 288 Seiten, 22 Euro

Nkokolani liegt zwischen den Fronten. Viele BewohnerInnen des mosambikanischen Dorfes erhoffen sich von der Kolonialmacht Portugal Schutz gegenüber den aus dem Süden vordringenden Truppen des berüchtigten afrikanischen Herrschers Ngungunyane. Doch durch Imanis Familie geht ein Riss. Während Vater Katimi und Bruder Mwanatu der portugiesischen Krone gegenüber loyal sind, verachten Onkel Musisi und der andere Bruder Dubala die Kolonialisten.

Um Ngungunyane zurückzudrängen, bezieht eines Tages der aus Portugal verbannte Sargento Germano einen heruntergekommenen Posten in Nkokolani. Imani arbeitet aufgrund ihrer guten Portugiesischkenntnisse für den Oberst, während die DorfbewohnerInnen auf das baldige Eintreffen der portugiesischen Streitkräfte hoffen. Doch diese lassen auf sich warten. Der Versuch der lokalen Bauern und Fischer, schließlich ohne militärische Hilfe aktiv zu werden, endet im Fiasko. Als sie »lärmend, mit Gesängen und Gebrüll in ungeordnetem Marsch« losziehen, sieht Imani nur, »wie ähnlich sie doch unseren Feinden waren«.

Mit Imani legt der mosambikanische Schriftsteller Mia Couto den ersten Teil einer Trilogie über das Ende des so genannten Gaza-Reiches vor. Dieses nahm gegen Ende des 19. Jahrhunderts die gesamte Südhälfte Mosambiks ein. Der glänzend umgesetzte Stoff ist wie für Couto gemacht: Wie in anderen Werken thematisiert der portugiesischstämmige Autor die Spannungen zwischen kolonialen Veränderungen und afrikanischer Tradition. Für das Buch hat er ausgiebig historische Quellen recherchiert und Interviews geführt, um sowohl die koloniale als auch mosambikanische Sichtweise zu verstehen.

Folgerichtig wechselt die Erzählperspektive zwischen Imani und Sargento Germano hin und her. Den gesellschaftlichen Gepflogenheiten widersprechend, kommen sich die beiden langsam näher, ohne jedoch gänzlich mit ihrem jeweiligen Hintergrund zu brechen. So zweifelt Germano zunehmend an den portugiesischen Vorstellungen über Afrika, verlässt jedoch kaum seinen kolonial-herablassenden Duktus. Den LeserInnen verlangt dies einiges ab, etwa wenn sie regelmäßig über das im portugiesischen Original wie auch der deutschen Übersetzung verwendete N-Wort stolpern.

Wo Couto sprachpolitischen Debatten der Gegenwart nichts abgewinnen kann, rückt er aber die Geschichtsdarstellungen beider Länder ein Stück weit zurecht. Anders als in Mosambik häufig vermittelt, war die vorkoloniale Zeit keine heile Welt. Ebenso verzerrt ist die portugiesische Sichtweise, wonach Ngungunyane ein schier übermächtiger Gegner gewesen sei, den die portugiesische Krone angeblich heroisch in die Knie zwang – und sich dadurch selbst wesentlich stärker machte, als sie tatsächlich gewesen ist. Anhand des kleinen Dorfes Nkokolani verhandelt Couto auf vielschichtige Art und Weise eine ganze Epoche.

Tobias Lambert

Mia Couto: Imani. Aus dem Portugiesischen von Karin von Schweder-Schreiner. Unionsverlag, Zürich 2017. 288 Seiten, 22 Euro.

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