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Namibia: Wie ein Land

Namibia ist von der ehemaligen Mandatsmacht Südafrika abhängig. Von Sören Scholvin

Namibia ist seit 21 Jahren formell unabhängig. Dennoch bleibt der »große Bruder« Südafrika omnipräsent. Namibische RegierungsvertreterInnen gestehen ein, wirtschaftlich und politisch nicht selbständig zu sein. Auch persönliche Beziehungen sowie Afrikaans als vorherrschende Sprache führen dazu, dass für viele NamibierInnen ihr Staat und Südafrika immer noch »wie ein Land« sind.

Das gesamte Gebiet des heutigen Namibia wurde 1915 in die Südafrikanische Union eingegliedert. Vorausgegangen war die Niederlage der deutschen Truppen in »Deutsch Südwest-Afrika« gegen die mit Großbritannien verbündeten Südafrikaner. 1920 erteilte der Völkerbund der Südafrikanischen Union – so der Name der 1910 aus der britischen Kap-Kolonie und Natal sowie dem burischen Oranje-Freistaat und Transvaal hervorgegangenen Republik weißer SiedlerInnen – ein »Mandat«. Offizielle Sprachregelung war, dass die Mandatsmacht das Mandatsgebiet auf die Unabhängigkeit vorbereiten sollte. Doch nicht Entwicklung und der Weg in die Selbständigkeit, sondern international legitimierte Kolonialherrschaft verbargen sich de facto hinter dem Mandatssystem. Namibia wurde von den 1920er Jahren an als fünfte Provinz Südafrikas behandelt. Ziel der südafrikanischen Regierung war es, Namibia dauerhaft in den Apartheidstaat einzubinden.
Mit dem Ausfall der europäischen Handelspartner im Zweiten Weltkrieg erlebte die Industrialisierung Südafrikas ihren ersten Aufschwung. Die spätere Isolierung des Apartheidregimes führte dazu, dass die wirtschaftliche Selbständigkeit Südafrikas ein in ganz Afrika bis heute nirgends gekanntes Ausmaß erreichte. Diese Entwicklung blieb jedoch auf Hafenstädte wie Durban und Kapstadt sowie Südafrikas Wirtschaftskern Gauteng beschränkt. Namibia kam die Rolle eines untergeordneten Lieferanten landwirtschaftlicher Erzeugnisse und unverarbeiteter Bergbauprodukte wie Kupfer und Zink zu. Die ehemalige deutsche Kolonie zu industrialisieren lag nie im Interesse des Apartheidregimes. Es suchte ganz im Gegenteil, durch die forcierte wirtschaftliche Abhängigkeit den zeitlich begrenzten Mandatsstatus zu verewigen. Der einzige Hafen im heutigen Namibia, der unter südafrikanischer Besatzung ausgebaut wurde, war bezeichnenderweise die Enklave Walvis Bay, ein direktes Hoheitsgebiet Südafrikas.
Im Kontext der Dekolonisierung des südlichen Afrika diente Namibia dann als Puffer zwischen dem Kerngebiet des Apartheidregimes und den freien afrikanischen Staaten. Als die südafrikanische Armee mit ihrem Einmarsch in den Süden Angolas 1975 versuchte, diesen »Cordon Sanitaire« auszudehnen, und verstärkt gegen Namibias Unabhängigkeitsbewegung, die South West Africa People’s Organisation (SWAPO), vorging, schickte Kuba 40.000 Soldaten zur Unterstützung der angolanischen Regierung. Der Süden Angolas und das nördliche Namibia wurden zum Austragungsort eines Guerillakrieges, der bis in die späten 1980er Jahre andauerte. Während das zentrale und südliche Namibia in enger Anbindung an Südafrika Entwicklungsimpulse erhielten, die sich in Verkehrsinfrastrukturprojekten, Elektrifizierung und Warenvielfalt in den für Weiße vorbehaltenen Innenstädten ausdrückten, stagnierte der Norden, in dem bereits damals die deutliche Mehrheit aller Einwohner Namibias lebte.
Das zentrale und südliche Namibia wurde zudem zur Zeit der deutschen und südafrikanischen Besatzung immer stärker durch weiße Großgrundbesitzer geprägt. Ihre extensive Viehhaltung zielte auf den Export qualitativ hochwertigen Fleisches nach Südafrika und Europa. Das nördliche Namibia, das bereits unter deutscher Herrschaft außerhalb des für Weiße vorgesehenen Siedlungsraumes lag, blieb durch die kommunale Landwirtschaft schwarzer Kleinbäuerinnen und -bauern geprägt. Als Südafrika und die weiße Elite Namibias in den 1960er Jahren beschlossen, den Norden des Landes durch einen Veterinärzaun – die »Red Line« – vom Rest des Landes abzutrennen, beschränkten sie die Bäuerinnen und Bauern des Nordens auf lokale Märkte. Die weißen Großgrundbesitzer wurden vor Konkurrenz aus dem durch Bodenfruchtbarkeit und Klima begünstigten Norden geschützt. Bis heute dürfen weder lebende Tiere noch Fleisch aus Gebieten nördlich der »Red Line« nach Übersee exportiert werden – entsprechend ungleich sind die Entwicklungschancen in einer welt-marktorientierten Landwirtschaft.


Alltägliche Präsenz

Zwar endete mit der Unabhängigkeit Namibias 1990 und der Eingliederung der Enklave Walvis Bay 1994 offiziell die südafrikanische Besatzung. Allerdings hat sich an der Dominanz Südafrikas bis heute wenig geändert: Um sie anschaulich zu erleben, reicht ein Bummel durch eines der vielen Shopping Centres in Windhoek oder durch die Zentren jeder anderen namibischen Stadt. Konsumgüter des täglichen Bedarfs kauft man in Supermärkten wie Pick N Pay oder Shoprite. Kleidung gibt es bei Ackermans oder Pep. Gemeinsam ist all diesen Ketten, dass sie aus Südafrika stammen. Bis auf wenige Ausnahmen verkaufen sie südafrikanische und nicht namibische Produkte. Namibische Konkurrenten wie die Supermarktkette Woermann Brock sind eine große Ausnahme. Dass Namibia knapp 70 Prozent seiner Importe aus Südafrika bezieht, verwundert angesichts der massiven Präsenz südafrikanischer Unternehmen nicht.
Der Einfluss Südafrikas ist auch in der Finanzpolitik gewaltig. Um zu bezahlen, kann man zwischen Namibischen Dollar und südafrikanischen Rand wählen. Der Kurs der Währungen ist auf 1:1 festgesetzt. Rand werden überall in Namibia akzeptiert, Namibische Dollar hingegen jenseits der Grenze nicht. Das Bargeld erhält man bei einer Filiale der vier in Namibia vertretenen Banken – alle bis auf die Bank Windhoek haben ihren Unternehmenshauptsitz in Südafrika. Dementsprechend begrenzt ist der währungspolitische Spielraum der namibischen Regierung. Namibias Zentralbank hat praktisch keine Alternative dazu, als sich den Entscheidungen in Pretoria und Johannesburg anzupassen.
Außerdem haben viele NamibierInnen enge persönliche Beziehungen zu SüdafrikanerInnen. Im Süden des Landes wohnen Verwandte auf beiden Seiten der Grenze. Die Fahrt ins südafrikanische Upington, 90 Minuten jenseits der Grenze, wird nicht als Grenzübertritt oder Reise in ein anderes Land wahrgenommen. Angesichts der engen sozialen Bindungen überrascht es nicht, dass NamibierInnen mit gut 8.000 Personen die größte Gruppe nicht-südafrikanischer Studierender in Südafrika bilden. Die University of Namibia in Windhoek, die einzige derartige Einrichtung in Namibia, bietet keine Voraussetzungen für eine im internationalen Vergleich ausreichende Bildung. Während Kinder der Top-Elite in Übersee studieren, geht der Nachwuchs der erweiterten Elite traditionell nach Südafrika.
Sowohl für die weißen als auch die nicht-weißen Angehörigen der Elite in Windhoek ist daher eine Reise nach Kapstadt oder Johannesburg vertrauter als eine Fahrt in den Norden des eigenen Landes. Dessen Siedlungsbild hat wenig gemein mit durch Apartheid und Europäisierung gekennzeichneten Städten wie Windhoek, Walvis Bay oder Lüderitz. Das zentrale und südliche Namibia verbindet außerdem Afrikaans als Umgangs- und Wirtschaftssprache mit Südafrika. Im Norden Namibias spielt Afrikaans hingegen kaum eine Rolle, dort sind Portugiesischkenntnisse keine Seltenheit.

 

Strategische Abhängigkeit...

Die enge Bindung an den übermächtigen Nachbarn – Südafrika hat 25 Mal so viele EinwohnerInnen wie Namibia und sein Bruttoinlandsprodukt übersteigt das namibische vierzigfach – bedeutet eine strategische Abhängigkeit und Unterordnung für Namibia. Nicht selten sind PolitikexpertInnen und ehemalige Staatsbedienstete aus Südafrika der Meinung, dass Namibia in vielerlei Hinsicht immer noch »wie eine Kolonie Südafrikas« sei. In Namibia ist die Bezeichnung »großer Bruder« für Südafrika geläufig. Insbesondere im Süden Namibias wird jedes Problem Südafrikas als Krise spürbar. Als es kurz vor der Fußball-WM 2010 zu Streiks im südafrikanischen Transportsektor kam, konnten viele südnamibische Farmer ihre Erzeugnisse nicht mehr exportieren, weil sie auf Südafrikas Markt und Südafrikas Häfen angewiesen sind. Auch werden die namibischen Farmer auf Dauer von Getreidelieferungen aus Südafrika abhängig sein, denn in Namibia kann aufgrund der Trockenheit nicht genügend Getreide für den nationalen Bedarf angebaut werden. Potenzielle andere Lieferanten wie Sambia und Simbabwe stoppen bei Mangel auf dem heimischen Markt sofort alle Exporte nach Namibia. Noch schwerwiegender wäre eine Krise auf dem südafrikanischen Strommarkt. Namibia bezieht 80 Prozent seines Stroms vom halbstaatlichen Energiegiganten Eskom aus Südafrika. Alternativen hierzu gibt es nicht. Dass Eskom seit April 2010 seine Strompreise jährlich um 25 Prozent erhöhen will, ist für viele Menschen in Namibia besonders schwer zu verkraften, denn das BIP pro Kopf in Namibia beträgt nur 3.600 US-Dollar im Vergleich zu 5.800 US-Dollar in Südafrika.
Zahlreiche andere Beispiele zeigen, dass in den meisten Wirtschaftssektoren von südafrikanischer Dominanz gesprochen werden muss. So richten sich die Gemüsepreise im Großhandel in Windhoek sehr zum Missfal-len der namibischen Gemüsebäuerinnen und -bauern nach den niedrigen Preisen in Südafrika, ohne zu berücksichtigen, dass aus Südafrika eingeführtes Gemüse durch den Transport in Namibia deutlich teurer als in Südafrika wäre. Viele Produkte aus Übersee sind in Namibia nur zu kaufen, weil sie nach Südafrika importiert und von dortigen Großhändlern nach Namibia weiterverkauft werden. Namibia mit seinen zwei Millionen EinwohnerInnen generiert keine ausreichende Nachfrage, um als Markt ohne die 50 Millionen SüdafrikanerInnen bestehen zu können. Bei aller gerechtfertigter Kritik an der Dominanz südafrikanischer Unternehmen muss zudem die Frage gestellt werden, ob unter den gegebenen marktorientierten Bedingungen Namibia einen ausreichend großen Markt bilden könnte, um wirtschaftliche Selbständigkeit zu ermöglichen. Kein namibisches Unternehmen wird durch Regularien daran gehindert, Produkte in Konkurrenz zu Südafrika anzubieten. Woran namibische Anbieter in der Regel scheitern, ist ihre strukturell bedingte Unterlegenheit in puncto Qualität und Preis.
Dass südafrikanische Unternehmen derart dominant in Namibia sind, hängt mit der regionalen Zollunion, der Southern African Customs Union (SACU), zu der neben Namibia und Südafrika auch Botswana, Lesotho und das Swasiland gehören, zusammen. In der SACU können alle Güter frei gehandelt werden. Für die kleineren Staaten bedeutet dies allerdings erhebliche Konkurrenz aus Südafrika. Zwar besteht die Möglichkeit, einzelne Wirtschaftsbereiche für einen begrenzten Zeitraum vor Konkurrenz aus anderen SACU-Staaten zu schützen. Doch ein solcher begrenzter Protektionismus ändert nichts an der Übermacht südafrikanischer Unternehmen, die die Skalenerträge ihres Binnenmarktes auf ihrer Seite wissen.
Trotz der nahezu problemlosen Importmöglichkeiten investieren südafrikanische Unternehmen durchaus auch in Namibia. Sie zählen zu den bedeutendsten ArbeitgeberInnen, und die Vielfalt an Produkten von Lebensmitteln bis zu Mobilfunknetzen wäre ohne sie nicht möglich. Langfristig verhindert die dominante Stellung der SüdafrikanerInnen aber den Aufstieg namibischer KonkurrentInnen. Nur im Bereich der so genannten kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sind NamibierInnen nachhaltig erfolgreich. Steigt doch einmal ein größeres namibisches Unternehmen auf, wird es in der Regel von SüdafrikanerInnen aufgekauft. Beispielhaft hierfür ist der Versuch einer südafrikanischen Investorengruppe, mit der Bank Windhoek die letzte nicht-südafrikanische Bank in Namibia aufzukaufen. Erst die Intervention von Namibias Regierung verhinderte dies.

 

... und freiwillige Unterordnung

Namibische RegierungsvertreterInnen geben in privaten Gesprächen zu, dass ihr Land in wesentlichen Bereichen der Finanz- und Wirtschaftspolitik nicht von Südafrika unabhängig ist. Aufgrund der Bindung an den Rand besteht nicht die Möglichkeit, durch eine Abwertung des Namibischen Dollars namibische Produkte auf den Weltmärkten zu begünstigen oder die Staatsverschuldung zu bereinigen. Dabei zwingt Südafrika seinem Nachbarland dieses Maß an Abhängigkeit gar nicht auf. Botswana, wie Namibia Mitglied der SACU, hat die Rand-Bindung seiner Währung aufgegeben und kann eine unabhängige Währungspolitik führen. Namibias Abhängigkeit von Südafrika ist in gewissem Maß eine bewusste Entscheidung der namibischen Regierung, die sich Vorteile durch eine Unterordnung unter Südafrika erhofft – vom erleichterten Marktzugang bis hin zu den »Unterstützungszahlungen«, die die südafrikanische Zentralbank für die Akzeptanz des Rand an Namibia zahlt.
Allerdings ist Namibia nicht in allen Wirtschaftssektoren von Südafrika dominiert. Der Bergbau, der die Hälfte von Namibias Exporten und 20 Prozent des BIP erzeugt, ist globalisiert. Unternehmen aus China konkurrieren mit australischen Firmen. Die einzige Metallschmelze des Landes, die in Tsumeb Erze verarbeitet, ist kürzlich in kanadische Hände übergegangen. In der Grenzregion zu Angola boomt seit einigen Jahren die wirtschaftliche Entwicklung. Grund hierfür ist der lukrative angolanische Markt und die gezielte Förderung des nördlichen Namibia durch die seit 1990 ununterbrochen regierende SWAPO. Mit dieser Politik will die SWAPO nicht nur ihre Mehrheit bei Wahlen sichern und die Bevorzugung des Südens während der südafrikanischen Besatzung kompensieren. Die Entwicklung des nördlichen Namibia und damit einhergehend der Beziehungen zu Angola, Sambia und der DR Kongo bietet die Möglichkeit, die Abhängigkeit von Südafrika zu mindern – so zumindest die Überzeugung vieler SWAPO-PolitikerInnen.
Während RegierungstechnokratInnen und WirtschaftsvertreterInnen sich damit abgefunden haben, dass Namibia zumindest wirtschaftlich von Südafrika abhängig ist und auf eine noch engere Verbindung hinarbeiten, sieht Namibias größte Oppositionspartei, die Rally for Democracy and Progress (RDP), das Verhältnis zu Südafrika etwas entspannter als die SWAPO. Auch die RDP-Spitzenpolitiker, die oft ehemalige SWAPO-Mitglieder sind, wissen, dass Namibia trotz Ende der Besatzung kein völlig selbständiges Land ist. Doch argumentieren sie, dass Südafrika Namibia mehr anzubieten habe, als alle anderen Nachbarstaaten zusammen. Positive Effekte der Expansion südafrikanischer Unternehmen wie Jobs und Warenvielfalt werden betont. Schließlich könne Namibia ohne Südafrika wirtschaftlich gar nicht bestehen. Allerdings weisen Vertreter der RDP darauf hin, dass SACU und SADC Südafrikas Hegemonie einschränken und der »große Bruder« aus seinen Fehlern in der Vergangenheit, sprich der unilateralen Intervention in Lesotho, gelernt habe.

 

Südafrikanischer Neokolonialismus?

Obwohl die Einschätzung von Südafrikas Hegemonie durch die RDP zutrifft, sind die Grenzen, in denen Namibia eigenständige Wirtschaftspolitik betreiben kann, eng. Beschließt Südafrika, wie in den letzten Jahren mehrfach vorgekommen, unilateral Handelsliberalisierungen mit der Europäischen Union oder den Staaten des North American Free Trade Agreements (NAFTA), ist Namibia als Mitglied der Zollunion SACU hiervon direkt betroffen. Die einzige Möglichkeit, die eigenen Interessen zu wahren, wäre, aus der SACU auszutreten – angesichts der wirtschaftlichen Abhängigkeit von Südafrika keine praktikable Option. Im Endeffekt muss Namibia sich somit den unilateralen Beschlüssen Südafrikas unterordnen, ganz ohne direkten Druck Südafrikas.
Es ist leicht nachvollziehbar, dass derartige strukturell bedingte Überlegenheit und Einflussnahme mit Begriffen wie Neokolonialismus und Imperialismus belegt wird. Marxistisch beeinflusste AkademikerInnen aus Südafrika wie Patrick Bond und Ishmael Lesufi streiten mit Hinblick auf die Rolle ihres Landes im südlichen Afrika nur noch darüber, ob Südafrika eine eigenständige imperialistische Macht ist oder eine sub-imperialistische Rolle einnimmt. Aus Sicht Lesufis unterwirft sich die weiße Großbourgeoisie Südafrikas, legitimiert durch eine schwarze Regierung, mit der neoliberalen Agenda der African Renaissance und des New Partnership for Africa’s Development (NEPAD) die Peripherie. Der African National Congress (ANC) ist für ihn kein unabhängiger Akteur. Dass es mittlerweile auch eine schwarze Wirtschaftselite in Südafrika gibt, deren Rolle nichts mit Hautfarbe zu tun hat, sondern klassentheoretisch erklärt werden muss, ignoriert Lesufi.
Überzeugender sind Bonds Beiträge, die mit Immanuel Wallersteins Weltsystemanalyse übereinstimmen: Südafrika profitiert demnach von seiner Rolle als Bindeglied zwischen der Peripherie und den Zentren der kapitalistischen Weltwirtschaft. Weil die Zentren – Europa und Nordamerika – darauf angewiesen sind, dass semi-periphere AkteurInnen die Peripherie im Sinne kapitalistischer Investitionsmöglichkeiten umstrukturieren, gewähren sie ihren semi-peripheren PartnerInnen die Chance, sich an der Ausbeutung der Peripherie zu beteiligen. Die semi-periphere Großbourgeoisie Südafrikas und die Regierung des Landes sind somit einerseits den Zentren der Weltwirtschaft untergeordnet. Andererseits sind sie ihrer Peripherie übergeordnet. Macht und Wohlstand der Elite der Semi-Peripherie resultieren aus der Ausbeutung der regionalen Peripherie. Auch 21 Jahre nach der formellen Unabhängigkeit ist es die Einbindung in die kapitalistische Weltwirtschaft, die begründet, warum Namibia Südafrika untergeordnet bleibt.


Sören Scholvin ist Doktorand am Institut für Geographie der Universität Hamburg und Mitarbeiter am German Institute of Global and Area Studies (GIGA).

 

Der Ökonom Klaus Schade aus Windhoek, einer der Quellen für Scholvins Artikel, findet die hier dargelegte Position zu pessimistisch. Lesen sie hier seinen Leserbrief und Sören Scholvins Antwort darauf.

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