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Stefanie-Lahya Aukongo: Kalungas Kind

Wie die DDR mein Leben rettete. Rowohlt Verlag, Reinbek 2009. 257 Seiten, 11,99 Euro.

SWAPO-Kinder in der DDR

Im Jahr 2004 erschien schon einmal ein Buch einer jungen namibischen Frau, die als »Kind Nr. 95« (so der Titel des Buches) in die DDR kam. Sie wuchs dort als sogenanntes SWAPO-Kind auf der Basis der im Osten Deutschlands allgegenwärtigen und dennoch oftmals anonymen Solidarität auf. Ihre autobiographischen Notizen beleuchteten ihr sorgenfreies Leben im Kinderheim Bellin in Mecklenburg, aber auch ihre Schwierigkeiten, das Leben in Namibia zu meistern, als dort die SWAPO die staatliche Unabhängigkeit erzwungen hatte und die Kinder zurückkehrten.

Nun liegt eine weitere Autobiographie von einem jener Kinder aus Namibia vor, die von der Rassistenarmee des Apartheid-Staates Südafrika bedroht und oftmals zu Waisen gemacht worden waren und danach die meiste Zeit ihres Lebens in der DDR und im wiedervereinten Deutschland verbrachten. In Kalungas Kind, benannt nach dem Gott, an den die Autorin glaubt, erhält die Solidarität der DDR Gesicht und Stimme.

Im Mai 1978 hatten südafrikanische Bomber ein namibisches Flüchtlingslager vernichtet: Stefanie-Lahya Aukongo überlebte knapp das Massaker von Cassinga – im Leib ihrer Mutter, die schwer verwundet unter unzähligen Verletzten ausgewählt wurde, um für die medizinische Behandlung nach Ostberlin geflogen zu werden. Dort war eine Familie bereit, das Kind aufzunehmen und zu pflegen – und sie schloss es in ihr Herz. Damit genoss das Mädchen eine privilegierte Stellung, denn die meisten Flüchtlingskinder aus dem Südwesten Afrikas wurden nicht in deutsche Familien integriert. Doch ein Jahr später schickten die DDR-Behörden Mutter und Kind zurück in den Bürgerkrieg. Dank des zähen Ringens der Pflegefamilie, etwa durch eine Intervention bei Margot Honecker, gelang es im letzten Moment, das kleine Mädchen zum zweiten Mal aus Namibia zu retten.

Als Vierzehnjährige reist Stefanie nach der Befreiung von der südafrikanischen Fremdherrschaft das erste Mal in die ihr fremde ‚Heimat’ Namibia – auf der Suche nach ihrer leiblichen Mutter, die sie, von einer AIDS-Erkrankung schwer gezeichnet, auch findet. Sie kann ihr aber nicht nahe kommen, es kann sich kein ‘normales’ Mutter-Tochter-Verhältnis entwickeln. Etwas anders ist es mit ihrem Vater, der auf Seiten der SWAPO an der Befreiung Namibias mitgewirkt hat. Heute lebt die Autorin in Berlin.

Die Lektüre von »Kalungas Kind« ist aber nicht nur aufgrund der Lebensgeschichte von Stefanie-Lahya Aukongo anregend, sondern auch, weil die Autorin über schriftstellerisches Talent verfügt. Getrübt wird die Lektüre lediglich durch einige dem Zeitgeist geschuldeten Beurteilungen der DDR und des dortigen solidarischen Engagements, etwa wenn behauptet wird, dass sich die DDR-BürgerInnen über Afrika nur durch Zeitungen oder die Nachrichtensendung »Aktuelle Kamera« informieren konnten. Die Autorin, die selbst allumfassende Solidarität erfahren hat, schreibt zudem von einer »von der Politik verordneten Solidarität«. An anderer Stelle räumt sie dann aber ein: »Ohne die Politik konnte die Hilfsaktion für mich jedoch nicht realisiert werden.«

Ulrich van der Heyden

320 | Was bewegt Zentralamerika?
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