Tehilim. Israel/Frankreich 2007
Rezension: Filmische Suche nach dem Universellen
Eine ganz normale jüdische Familie im heutigen Jerusalem: Mutter, Vater, zwei Söhne ... Doch nach einem Autounfall verschwindet der Vater auf mysteriöse Weise. Und die ProtagonistInnen in Tehilim (Psalmen) begeben sich auf einen mühevollen Weg zwischen Tradition und Moderne, um den Verlust und die Leere zu überwinden.
Der preisgekrönte israelische Regisseur Raphael Nadjari ist stets auf der Suche nach dem Universellen, das über bloße Identitäten hinausgeht. In seinen New Yorker Filmen "The Shade" und "Josh Plonski's Brother" hat sich Nadjari mit jüdischen Familien aus Osteuropa befasst, in "Apartment #5" mit israelischen Jüdinnen und Juden in den USA. "Avanim", sein erster israelischer Film, beschäftigt sich mit Jüdinnen und Juden aus dem Nahen Osten und "Tehelim", der 2007 im Wettbewerb des Internationalen Filmfestival in Cannes lief, mit der europäisch-aschkenasischen Community in Israel.
"Tehilim" wirft viele komplexe Fragen auf: Was bedeutet das Verschwinden eines geliebten Menschen für die Zurückbleibenden? Wie kann der unfassbare Zustand der Nichtexistenz überwunden werden? Wie kann man das Leben nach dem Verlust neu erfinden? Auch wenn der Film viele Nebengeschichten erzählt, die nicht aufgelöst werden, so ist doch die Darstellung der Trauer und der unterschiedlichsten Umgangsweisen mit dem Verlust höchst intensiv dargestellt. Während die säkulare Mutter sich zurückzieht und der orthodoxe Großvater in Schweigen und Tradition flüchtet, suchen die beiden Kinder Menachem und David ihren ganz eigenen Weg, den Verlust des Vaters zu verarbeiten. Dieser Weg führt hin zu den Tehilim, den Psalmen, die Jüdinnen und Juden in ihrem täglichen Leben begleiten, sowohl bei freudigen Ereignissen wie Geburt oder Heirat als auch bei Trauer oder Verzweiflung. Doch schlussendlich können die Tehilim keineN der ProtagonistInnen retten. Der Film lässt bewusst eine Leere zurück.
Rosaly Magg